Donnerstag, 17. Dezember 2009

Eiskristall

Das Melodrama des Winters spiegelt sich in dem, was aus unseren Händen in den Cyberspace entlassen wird. Am Ende des Kataklysmus, den unsere Gefühlswelt durch das Jahr hinweg begeht, finden wir eine Welt voll Trümmern in unseren Herzen und merken nicht, daß wir trotz oberflächlicher Einsamkeit nicht allein sind.
Der erste Schnee senkt sich auf die schmutzigen Landschaften und kleidet diese in ein einheitliches Weiß, das nur von hin und wieder aufragenden Gebäuden unterbrochen wird. Jedoch wird die Flockendecke immer dicker und dicker und bedeckt immer mehr des Landes, welches uns im Herbst mit seinem grau in grau beinahe jegliche Lust am Genießen nahm. Versteckt wird die Häßlichkeit der alljährlichen Depression und in dieses reine Tuch gehüllt. Milliarden Flocken fallen dicht und dick vom Himmel herrab, bedecken alles, was nicht zu warm ist um sie sofort schmelzen zu lassen.
Ein paar Kinder spielen lachend im Schnee und denken noch nicht an ihre Zukunft, oder was morgen sein könnte. So unbeschwert möchte ich auch sein. Jedoch bin ich hier nur auf der Durchreise und steige bald in einen Zug, der mich nach Hause bringen soll, aber ich habe mit jeder verstreichenden Sekunde ein stärkeres Gefühl, daß er mich aus meiner Heimat in ein nun fremdes Land bringen wird, das ich nicht mehr kenne. Ich werde wohl wissen wo ich bin, und ich werde mich zurechtfinden, aber ich werde es nicht mehr kennen. Zu lange war ich fort. Zu viel hat sich verändert. Doch trägt es auch die Maske des Eiskristalls und wird sich eingliedern in die Landschaften, deren Gesicht verborgen bleibt, bis der Frühling mit seinem Lebenshauch erwacht.
Traurigkeit breitet sich aus und kratz an meiner Verfassung. Einige Tränen rinnen aus meinen Augen. Zunächst bemerke ich sie gar nicht, doch als der eisige Windhauch sie anfriert wird es mir bewußt und ich wische sie mit meinen Händen hinfort. Als kleine tropfenförmige Eisgebilde bleiben sie kurz in meinen Handflächen. Zu schnell schmelzen sie wieder.

Sonntag, 6. Dezember 2009

Kolossos

Dunkelheit umhült mich, begräbt mich hier unten, tief unter der Oberfläche des schwarzen Ozeans. Es ist so kalt und trotzdem friere ich nicht. Nur den Druck der auf mir lastet von tausenden und abertausenden von Litern Wasser presst auf meinem stählernen Leib. ich öffne für einen Moment meine Augen, die kurz einen feuerroten Schein dumpfen Lichtes in die Finsternis dieses Ortes entlassen. Ich sehe nur ein paar Felsen und Schlick und dahinter die Tiefe unergründliche schwärze des Meeresbodens. In dieser kargen und finsteren Welt liegen ich nun schon seit tausenden von Jahren, seit mich der alte Magier hierher verbannte. Lange Zeit verwandte ich darauf nach Rache zu sinnen und Pläne zu schmieden wie ich diese Vendetta vollziehen würde. Irgendwann erschien es mir nicht mehr so wichtig und ich wollte nur noch meine Freiheit. Doch auch diesen wunsch verwarf ich bald und fand mich damit ab meine Tage und Wochen und Jahre hier zu verweilen in diesem dunklen, kalten erdrückend schweren Gefängnis. Ich spüre ein erzittern der Erde unter mir und sehe es heller werden über mir. Die Last des Wassers scheint zu verschwinden. Ich kann aufstehen. Ich tue es und gehe los. Ich wandere über den Meeresboden bis zur Küste. Ich erhebe mich aus meinem Gefängnis und erblicke zum ersten mal seit Ewigkeiten die Sonne und den blauen Himmel. Wasser, welches ich aus der Tiefe des Meeres mitgebracht habe läuft meinen Körper herrab über Rost und angeheftete Muscheln. Tang hängt an mir, aber das kümmert mich nicht, denn ich bin frei.

Freitag, 4. Dezember 2009

32

in dieser nacht
oh schwarzgedank
da konsumierst du mich
injizierst dich in mich
machst mich krank

deine hure sei das koffein
dein schwert das sei die helligkeit
dein atem sei der schnee
von bäumen fallend
blickesweit
dein lidschlag
sei der flügelschlag
des raben
hier im antitag
die herzfrequenz
so tief in dir
ein schnaubend
sabbernd
schäumend
maul
des tieres
welches auch in mir

oh schwarzgedank

du droge meiner

wer hört es?
spürt es?
riecht es?

willst du mir sagen
im schutz des dunkel
das etwa nur die seelenlosen
um mich wie herbstlaub
lautlos tosen?

erhört mich
doch nicht etwa

keiner?

eine dieser Nächte

Da hast du's nun. 21 Jahre ist dein von Bier betankter Körper nun schon alt und du hast immer noch nichts wesentliches auf die reihe bekommen. Du sitzt hier um exakt 6:25, knallst dir dein Krombacher rein und studierst die frischen Schnitte an deinem Unterarm. Zu viele. Du bist einfach ausgerastet. Die Menschen um dich herum sind schon wach doch du willst kein Aufsehen erregen. Allerdings ist das erst in anderthalb Stunden möglich. nun, was erzählst du ihnen? Das du schon wach bist oder noch? Beides wird total falsch gewertet weswegen du dich letztendlich entschließt deine Zimmertür zuzuschließen, ein Duftstäbchen anzuzünden, zur Überblendung des Geruchs, versteht sich und deine Gutenachtzigarette in deinem Zimmer zu rauchen. Natürlich musst du dann für den Rest der "Nacht" dein Zimmerfenster offen lassen aber wen interessiert das schon? Das Gefühl von Einsamkeit krallt sich wie eine aus alten Geschichten fleisch gewordene Bestie in deinen Rücken und lässt, wie als würde sie eine Emotion in deinen Leib ejakulieren, deinen ganzen Körper mit Gänsehaut überziehen. Verschreckt öffnest du also dein Fenster. Frischluft riecht so gut wenn man findet sie lang nicht mehr gerochen zu haben. Du atmest tief ein und bevor du dir deine Zigarette anzündest, gräbst du erneut Erinnerungen in die jungfräuliche Haut deines Bauches oberhalb des Nabels. Wieder eine dieser Nächte.

Sonntag, 15. November 2009

creātūra

Also da sitz ich nun den ganzen Tag vor einem schwarzweißen Monitor und tippe Befehle und schreibe Scripte. Ich weiß, daß man es nicht Tag nennen kann, wenn ich mir um zwei Uhr nachts mein Mittagessen koche und auf das Abendessen um sechs verzichte. Und trotzdem ist da dieser Monitor und diese Tastatur auf der ich seit Stunden, Tagen oder vielleicht auch Wochen schon herumhacke. Und ich bleibe doch immer wieder an den selben Stellen stehen und frage mich, ob es denn gar keine Lösung dafür gibt. Da arbeitet man Stunde um Stunde und dann hängt man wieder am selben Punkt fest, den man schon längst gelöst glaubte.
Mir verschwimmt der Code vor den Augen. Die Musik fickt mein Gehirn. Das ganze ist kein Spiel mehr.
Ich fasse mir an die Stirn und spüre, daß sie eiskalt ist. Was mach ich nur? Chaotische Gedanken machen sich wie Unkraut breit. Sie verschlingen alles was sich nach dem Licht empor reckt und leben will. Wie in einer abstrusen Perversion einer Umarmung schließen mich diese Gedanken ein und beginnen meine Seele zu zerreiben.
Ich hebe den Blick wieder und starre leer auf die Zeilen. Nur die tiefe Schwärze dazwischen nehme ich war. Es muß doch eine Möglichkeit geben das zu schaffen. Noch immer verschwimmt alles. Selbst meine Gedanken verwischen, wie ein frisch gemaltes Bild, das ins Wasser fällt. Nebulös bleiben sie ungreifbar und flüchtig.
Tief atme ich ein und aus, schaue auf die Tastatur und beginne weiter zu schreiben: Befehle, Schleifen, Aufrufe, Variablen, Abfragen, Möglichkeiten und Alternativen. Ich lösche Zeile um Zeile und schreibe sie neu, lösche sie wieder und schreibe sie wiederum neu. Es ist wie ein Genom. Mit jeder Änderung gehe ich Tiefer unter die Oberfläche des Systems, greife immer weiter in die Prozesse ein, die es steuern. Es mutiert vor meinen Augen und paßt sich seiner Umgebung an. Mit jeder weiteren Zeile des Codes werde ich immer mehr ein Teil dieser Sache und sehe, wie sie sich entwickelt; sehe, wie ich mich selbst entwickle und zu etwas Neuem herranwachse. Ich verschmelze mit dieser Maschine. Ich denke ihre Gedanken und träume ihre Träume. Kabel scheinen aus meinen Gedanken heraus durch meine Finger direkte Verbindung mit ihr aufzunehmen. Es entsteht ein Netzwerk, dessen wichtigste Schnittstelle nun meine Hände sind, die wie der Schlitten eines Webstuhls, von links nach rechts und zurück huschend, in hoher Geschwindigkeit ein virtuelles Muster kreieren - weben.
Meine Augen, die nur noch verschwommen Umrisse wahrnehmen, werden überflüssig und mein Blickfeld wird immer kleiner und schmaler. Meine innere Vorstellung schickt alles direkt an meine Hände weiter. Jedes Quäntchen an Daten wird direkt abstrahiert und in das Elektronengehirn geschrieben, ohne auch nur einen Abgleich auf Korrektheit nach sich zu ziehen. Ich bin eins mit ihr, mit dieser Maschine. Drähte und Kabel durchbrechen meine Haut und verbinden sich mit ihr. Meine Augen quellen aus den Hölen und zerplatzen. Weiß glänzend im Licht des Monitors läuft das Gallert mein Gesicht herrab. Dahinter bilden sich Buchsen heraus, welche sofort von Umherschwirrenden Datenkabeln in Anspruch genommen werden. Direktes Input durchströmt die Synapsen in meinem Gehirn. Der Maschinencode schreib sich in meinen sensomotorischen Bereich und das limbische System. Er beginnt meine Bewegungen zu kontrollieren und meine Emotionen zu überschreiben, bis kein Byte antilogischer Handlungsweisen mehr die Funktionalität der Einheit und ihrer Komponenten beeinträchtigt. Botenstoffe und elektrische Impulse werden jetzt von einer mehreren Tetrahertz schnellen Rechenmaschine namens Gehirn verarbeitet und ausgesandt um den Körper, der einst mein Gefängnis war, am Leben zu halte.
Der Upload beginnt.

Mittwoch, 4. November 2009

Für das Mädchen aus Hamburg, deren Namen ich leider nicht weiß

"Ich kann seit letzter Zeit nicht mehr schreiben. Das mein ich jetzt nicht im Sinne von ich kann den Stift nicht mehr so bewegen, dass Worte entstehen. Nee. Es geht um die Inspiration und die Kreativität. Ich glaube es liegt daran, dass ich mich immer mehr dazu zwingen muss. Dann fällt mir nix ein. Allerdings fällt mir auch nix ein, wenn ich nicht schreibe. Das ist verflucht nochmal deprimierend, wenn man mal vor hatte das alles für Geld zu tun."

Ich schilderte mein Problem und ihre Augen ruhten auf meinen Händen, die gerade einen Busfahrschein rollten, falteten, knitterten. Sie gab mir wortlos eine Bierdose und ich nahm einen kräftigen Schluck. Es war ein milder Sommerabend und wir beide hatten uns vor den Lidl gesetzt, der mittlerweile geschlossen hatte und hörten Noisepop aus einem alten Kasettenrecorder, der in einem Einkaufswagen stand. Ich stellte die Dose auf den Asphalt, ließ meinen Kopf in ihren Schoß sinken und schaute sie weiter an. "Vielleicht ist das ja ganz normal und es musste irgendwann kommen. Heutzutage zocken die Jungendlichen nur noch bescheuerte First Person Shooter und die Mädels lesen höchstens die Bravo oder die Fernsehzeitung. Vielleicht passt sich mein Kopf nur unterbewusst an die ganze Kultur an."

Sie hielt mir die Kippe an den Mund, sodass ich ziehen konnte. Dann richtete ich mich kurz auf. Noch ein wenig Bier. Das Kraulen meines Kopfes ließ mich allerdings umgehend wieder in ihren Schoß fallen. Unweit von uns entfernt fuhren ein paar Kinder Wettrennen mit Einkaufswagen. "Genau das mein ich!", rief ich und deutete auf die Kerle, die betrunken rumgrölten und die Teile andauernd gegeneinander stießen. "Muss ich denn so werden, damit ich mir keinen Kopf mehr über meine Geschichten mache und es ohne zu zögern sein lasse? Ich meine Hey, wenn ich eh keine Zielgruppe mehr habe oder sowas. Am besten ich schreibe für das Dr. Sommer-Team. Da liest man mein Zeugs wenigstens."

"Floppy, du erzählst Scheiße.", antwortete sie und wir lachten und fingen an die vorbeifahrenden Autos zu zählen.

... auf der andren Seite gibts Kuchen und Kaffee

Ein frösteln läßt meine Körper leicht erzittern. Es wird langsam kalt und diese Scheiße ärgert mich jedes Jahr wieder. Nur Schnee hab ich noch keinen gesehen, seit es wieder kälter wird. Naja, es kann sich nur noch um Wochen handeln, schließlich hat der November ja mittlerweile angefangen.
Und während ich so da sitze, die Kälte von draußen herreinkriechen spüre, Musik höre scheint mein Kopf wie leer gefegt. Einfach leer - inhaltsloses Nichts denkend. Ich stehe auf und mach mir eine Kanne Tee. Wasser in den Kocher, Beutel in die Kanne hängen, warten, aufgießen, warten.
Dann geh ich eine Rauchen. Es ist echt verdammt kalt draußen. Der Himmel ist wolkenverhangen und es regnet als würde jemand riesige Wassereimer über der Erde entleere. Der Wind zerstäubt das fallende Naß und peitscht es mir ins Gesicht und auf die Kleidung. Es erscheint mir wie ein Wunder, daß meine Zigarette nicht einmal einen Tropfen abbekommt, während mir ein echt fieser kitzelnd den Nasenrücken herrabläuft. Ich wische ihn mit dem Ärmel weg und ziehe dann noch einmal an der Kippe bevor ich sie ausdrücke und wieder ins innere meiner Wohnung flüchte.
Ich hasse solche Tage regelrecht. Das Wetter ist beschissen und kalt, man hat zu nichts Lust und es kommt einem die ganze Zeit so vor als würde zwischen Morgens und Abends eigentlich nur Dämmerung herschen. Nichts anderes als Dämmerung.
Ich gieße mir eine Tasse Tee ein. Er schmeckt scheußlich. Wieder kein Zucker im Haus, denke ich dann. Aber was solls: der Tee muß rein, die Kälte raus. So geht das Spiel nun mal. Ob er nun gut schmeckt oder nicht, ist dabei irrelevant. Er wärmt und das ist die Hauptsache.
Was macht man an solchen Tagen eigentlich? Filme schauen, im Netz surfen, im Bett liegen und leer in die Glotze starren, in der Hoffnung die Fernsehanstalten würden wenigstens dieses Mal etwas gutes bringen. Aber auch das ist, wie mit dem Wetter, nur eine entäuschende kindliche Hoffnung. Gerade wenn das Wetter scheiße ist, setzt das TV noch einen drauf.
Egal. Kopf einziehen und ab durch die Wand, denn auf der andren Seite gibts Kuchen und Kaffee.

Donnerstag, 22. Oktober 2009

Blutgruppe: Lysergsäurediethylamid

Ich wünschte, ich würde Koks bluten. Oder Liquid E. Wie viele Frauen dann sich darum reißen würden an mir zu saugen, zu riechen. Klar würde ich in der stetigen Gefahr leben eine Diskoschlampe beißt mir den Schwanz ab und konsumiert mich aber Risiko gibt es immerhin überall. Ich müsste nicht mehr zur Plasmaspende, weil wenn ich Koks oder Liquid E blute, kann ich den Kram viel teurer an andere verkaufen. Vielleicht werde ich ja irgendwann gekidnappt und täglich gemolken. In einem Keller eingesperrt und Zwangsernährt. Eventuell bekomme ich ja sogar einen Fernseher, auf dem ich dann Tag und Nacht Unterschichten-TV schaun kann. Die Fließen um mich herum sind dreckig, zerschlagen, klar. Ich hänge wahrscheinlich auch bei irgendeinem Mini-Drogengangster im Keller rum. Ab und zu kommt er durch die Kellertür um mir eine ins Gesicht zu hauen. Manchmal kommt auch seine Freundin. Die muss mich dann waschen. Ich mache ihr dann schöne Augen und sage romantische Sachen. Hole vielleicht meinen Schwanz raus und reibe ihn an ihrem Hosenbein während sie meine Haare einseift. Und dann bekomme ich einen Tritt in die Eier. Ein typisches Szenario, bestimmt. Nach ein, zwei Monaten, ich bin blutarm mittlerweile, stürmen die Cops das Haus und befreien mich. Dann werde ich nach vorgeheuchelten Tränen und bla wieder zuhause sitzen, mir Bier reinziehen und beim selbstverletzendem Verhalten gleich ein Medikament haben, was die Müdigkeit durch Blutverlust vorbeugen würde oder sowas. Ach könnte ich nur Koks bluten.

Mittwoch, 21. Oktober 2009

Fragen

Fragen, Fragen! Fragen über Fragen. Selbst die Einsicht kann nicht sagen, was die Fragen für Antworten haben. Nicht das Ich, nicht das Er, nicht das Sie oder selbst das Es, weiß was zu klagen oder sagen auf die ganzen Fragen, welche einfach nur schmerzen.
Wenn man selbst über sich hinauswachsen will, braucht man eine gewisse Zutat. Diese ist jedoch nichts alltägliches oder überall herrumliegendes. Ja, jetzt werden viele sagen, das geht doch einfach so ... blah blah. Ja ja. Leckt mich ihr Wichser. Das mal vorweg. Ich sehe das alles etwas anders.
Also da ist dieses riesengroße Dings. Das nervt. Also dieses Dings. Ich nenne es halt Dings, weil es so oder so keine wirkliche Beschreibung dafür gibt. Und ich denke ich bin schon recht wortgewandt. Das Dürfte der ein oder andre doch schon mitbekommen haben. Aber gut ich schweife ab. Also dieses Dings. Da waren wir ja. Das nervt. Und es nervt echt höllisch. (Eigentlich mag ich kurze Sätze gar nicht.) Na gut. Zurück zum Thema. Dieses unsagbare, unheimliche, unwarscheinlich scheußliche und auf jeden Fall überaus nervige Gefühl/Dings stört. Es stört alles. Es stört den Antrieb, die Motivation, die Lebensqualität, einfach alles. Undefinierbares Etwas, stinkende Morchel, triefende Schleimblase, tote Ratte.
Sterbe ich?

Dienstag, 20. Oktober 2009

Schwarz I

Finsterste, schwärzeste, tiefste Dunkelheit erstreckt sich in alle Richtungen, gespickt von kleinen leuchtenden Punkten - Sterne. Wenn man hineinblickt, dann verliert man sich. Es ist unweigerlich, daß einem trotz der Schwerelosigkeit das Gefühl überkommt zu fallen. Endloses Fallen. Und trotz der unheimlichen Reisegeschwindigkeit scheinen die Sterne regungslos und fest in der Schwärze zu hängen.
Warum haben diese Särge eigentlich Fenster, fragte sich der Mann auf dem Sessel am Steuercomputer. Er saß dort und starrte hinaus ins unendliche Nichts. Viel zu tun hatte er nicht. Momentan wurde das Schiff vom Autopiloten gesteuert. Und schon seit geraumer Zeit ist nichts interessantes passiert. Wie lange er schon hier draußen war, das wußte er nicht. Man verliert einfach das Zeitgefühl hier draußen. Es mögen nur ein paar Tage aber vielleicht auch schon mehrere Wochen gewesen sein, die seit dem Start vergangen sind.
Seine Hände verkrampften sich um das Buch, welches er auf einem Markt in Berlin gekauft hatte. Es war ein richtiges Buch, was schon etwas hieß. Schon lange Zeit war dieses Medium sehr selten geworden. Es stammte aus dem zwanzigsten Jahrhundert und die Seiten waren vergilbt vom Alter und den vielen Händen, durch die es gegangen war.
Sehr weit war er jetzt von der Erde entfernt. Weit weg von Zuhause. Und die Sterne kümmerte sein Schmerz nicht. Sie hingen dort in der Schwärze und existierten vor sich hin, ließen Elemente fusionieren und strahlten in ihren Milliarden von Jahren andauernden Leben Energie in das undankbare, nur Kälte zurückgebende All ab. Unwirtlich und lebensfeindlich war es hier draußen, kaltes, luftleeres, tödliches Nichts.

Alles ist anders und nichts wird wie vorher …

Wenn du nun da hockst und merkst es geht dir irgendwie scheiße, dann erwartest du nicht unbedingt, daß es dir schnell besser geht. Momentan wird es eh nicht schnell gehen. Es wird lange dauern. Es wird dich ficken, verletzen und schlagen. Ihm ist sogar scheißegal, wie es dir dabei geht. Was machst du dagegen? Viel kannst du ja nicht tun. Für deine Gefühle Worte zu finden wird schon schwer genug sein. Leckst du Blut? Dein eignes? Salzig, nicht war? So schmeckt das Leben, wenn es nach Scheiße stinkt.
Laß dich drauf ein, wälz dich darin. Irgendwann mußt du wieder rauskommen. Aber dann wirst du stehen. Auf deinen eigenen verdammten Beinen wirst du stehen. Denk immer daran, daß es nicht schnell geht. Verarbeite es. Vergeß nie die guten Tage und fang an zu leben. Wenn dich das leben mal fickt, dann tut es das ordentlich und läßt nichts aus. Aber mach dir daraus nichts. Es wird immer mal wieder passieren und keiner kann sich davor Retten.
Neuordnung und Systemwiederherstellung. Progress: 2%

Schnittmenge

Tropfen von dunkelroter Färbung. Sie werden etwas größer, bis sie sich in kleine Flüsse verwandeln. Den ersten Schmerz spürt man noch scharf schneidend. Doch auch er flaut ab und es wird zu einem Pulsieren, das sich fast schon angenehm anfühlt. Man schaut sich die älteren Narben an. Mal wieder sind ein paar neue Linien auf der Haut, die sich dazu gesellen. Einige vom letzten mal, tragen noch ihren Schorf. Aber auch er wird bald verschwunden sein und vernarbtes Gewebe zurücklassen.
Mit zitternden Händen wird dann eine Zigarette gedreht, noch mal ein Blick auf die Wunden geworfen. Die Zigarette sieht mehr schlecht als recht aus. Ein bisschen knotig. Aber sie läßt sich rauchen. Sorgen macht man sich in diesem Moment nicht. Später wird es etwas seltsam sein. Die Frage nach dem Warum wird sich stellen und wie immer wird man es nicht wissen, bis zu dem Zeitpunkt, wenn es wieder geschieht. Schlechtes Gewissen macht sich keineswegs breit. Nur weiterer Mißmut und weitere Depression.
Die Gitarrenklänge aus der Anlage sind dumpf, traurig, verzerrt, von schlechter Qualität. Eine Stimme singt schreiend über Krieg, Trauer und Haß.
Erneut wird die Klinge in die Hand genommen. Sie ist nicht groß. Vielleicht ein Zoll lang und etwas über ein halbes breit. Sie ist ziemlich alt. Mit jüngeren Jahren hat man sie schon mal benutzt. Danach aber lange Zeit nicht mehr. Nach kurzer Betrachtung des kleinen Metallstücks, wird es erneut auf der Haut angelegt, mit etwas Druck durchgezogen in einer geraden Linie. Ein zarter rosafarbener Strich entsteht, an dem entlang, wie auf einer Perlenkette aneinandergereiht, kleiner dunkelrote Tröpfchen entstehen.