Donnerstag, 1. September 2011

Klick

Da ist er, der berühmte nächste Morgen, an dem man eigentlich durch Kopfschmerzen und Schnapsatem hindurch sowas wie eine universale Wahrheit zu erkennen glaubt. Der Moment wenn man merkt, dass etwas "Klick" gemacht hat und plötzlich alles wieder gut ist. Aber Bullshit. Nichts ist gut, mein Atem riecht nach Kotze und Schnaps, mein Kopf fühlt sich an wie ein Fledermausnest in einer läutenden Kirchenglocke, aber da hört die Verwandschaft zu dem von früher bekannten Nächster-Morgen-Gefühl auch schon auf. Der Schalter ist kaputt, er macht nicht "Klick", sondern höchstens noch "Krx". Irgendwas hat ihn verklebt oder verkantet. Hab ich ihn vielleicht selbst mit ner halben Rolle Panzerband festgetaped, weil ich Angst hab vor diesem leisen, aber bestimmten "Klick"?
Ratlos stolpere ich zum Waschbecken und halte den Kopf unter eiskaltes Wasser, aber außer noch mehr Kopfschmerzen bringts nichts. Wie fängt man denn so einen Tag an? Keine Ahnung, keine Erfahrung damit. Rastlos tigere ich durchs Haus, stoße zweimal fast mit Frank zusammen, der irgendwas sucht, trinke zwei Tassen Kaffee, muss davon kotzen, will mir ne Tüte bauen, muss aber feststellen dass das Gras verschwunden ist (das sucht Frank also), begnüge mich mit ner filterlosen Zigarette, muss husten, schlucke den Kotzreiz gerade noch so wieder runter, fühl mich scheiße. Einfach scheiße. Nicht antriebslos oder gelangweilt oder depressiv, auch nicht einsam (hab ja Frank, der immer verzweifelter rumrennt), sondern einfach nur so als wär ich schon tot, ohne dass mans meinem Körper schon gesagt hat...

Something About Us

Mein Kopf fühlte sich an, als hätte irgendein verrückter Doc mir mit einem Laser jede zweite Zelle aus dem Hirn gebrannt. Leer fühlte es sich da oben an, verbrannt und irgendwie neblig. Ein leises Klappern hinter mir ließ vermuten, dass jemand versuchte, die Tür zu öffnen ohne dabei den Stuhl umzuwerfen, den ich davorgeschoben hatte, aber ich machte mir nicht die Mühe mich umzudrehen, sondern starrte weiter die bunt vor dem dunkelblauen Novembernachthimmel schimmernde Skyline an. "Weißt du Mann, manchmal is es zwar die Richtige, aber man selbst is nich der Richtige.", nuschelte Pete, lehnte sich rücklings an das Stahlgeländer und schob die Zahnbürste vom linken in den rechten Mundwinkel. "Ey!", blaffte ich ihn an, "Seh ich echt so aus wie jemand, der Beziehungstipps braucht von nem Typ, der seit zwei Tagen mit ner Zahnbürste in der Fresse rumrennt?!" Kurz starrte Pete mich ratlos aus seinen stahlfarbenen Augen an, grinste dann und hielt mir die Zahnbürste hin. "Willst du auch mal? Du stinkst wie ein Penner." Ich stierte ihn an. "Verpiss dich." Die Worte hatte ich eigentlich nur denken wollen, aber Petes einfaches Gemüt schien mir zu verzeihen, noch bevor ich auch nur an eine Entschuldigung denken konnte. "Okay, sag Bescheid wenn du was brauchst. Oder wenn dir jemand deine ungewaschenen Haare halten muss." Ohne ein weiteres Wort schob er sich die Zahnbürste wieder in den Mund, lächelte und verzog sich nach drinnen. Kurz überlegte ich, ihm nachzurufen, entschied mich dann aber doch dagegen, zog ein Haargummi aus der Tasche, band mir die Haare hinten zu einem Zopf zusammen und kotzte mal wieder auf die Straße.
Während ich noch hustend die letzten Reste Magensäure hochwürgte, schoss mir durch den Kopf, dass Pete vielleicht gar nicht so sehr daneben gelegen hatte mit dem was er gesagt hatte. Natürlich war sie die Richtige. Aber war ich der Richtige? Und war die Zeit die richtige? Was hieß überhaupt richtig oder falsch? Kotzebrocken von den Mundwinkeln wischend beschloss ich, der Richtige zu sein. Gleich ab morgen früh...