Freitag, 1. Oktober 2010

Un-Ich

Ich sitze also hier herum, lasse das neue Album von den Chemical Brothers laufen, danach Londinium von Archive, und schaue der Zeit beim Vorbeifliegen zu, greife nach einzelnen Sekunden, halte sie in meinen Händen gefangen weil ich glaube dass sie etwas bedeuten, betrachte sie ganz genau, von jeder Seite und lasse sie dann wieder frei. Sich in irgendwas zu verlieren ist so einfach, das Wiederfinden ist es, das schwer fällt. Konzentration ist ein wertvolles Gut, aber schnell getauscht für Träumerei, für das Gefühl des Fliegens zwischen tausend Stimmen und Stille, zwischen Sonne, Mond und Sternen. Nichts erreicht, nichts geschafft, nichts versucht, nur geträumt. Pfui! Schäm dich!
Ich genieße die sanften Vibrationen der warmen Holzplatte unter meinen Handgelenken. Nur ein bisschen mehr. Ein bisschen länger, nicht mehr lang. Drehe am Volume-Knopf, mehr Bass, mehr Vibration, mehr Träumerei, mehr Hypnose, ein klitzekleines Stück Tod. Wieder versuche ich mich zu konzentrieren. Zieh am Seil! Die Reißleine reißt, der Wind reißt an mir, nur einen Augenblick, dann bin ich schwerelos. Unter dem Himmel herrscht Nebel, hängt drohend über Bergen, Tälern, Wäldern, Seelen, macht alles grau und kalt. Klarheit: Unklar. Wissen: Unwissen. Menschen: Unmenschen. Ich: Un-Ich.

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