Freitag, 28. Januar 2011

Face Down

"Es ist immer leichter über das Nicht-Erreichte zu klagen, als das Erreichte zu bewundern.. so sind wir, die bescheidenen Egoisten."
Ihre Worte dringen wie durch einen Nebelschleier in mein Gehirn vor, aber noch bevor mein angeschlagenes Bewusstsein auf sie reagieren kann, bevor ich ihr sagen kann, dass sie so verdammt recht hat, dass es wehtut, dass ich bescheidener Egoist der mir entgangenen Chance sie zu ficken hinterhertrauere, anstatt mich zu freuen, dass sie mit mir spricht, mich überhaupt erst ansieht, noch bevor ich merke, dass mir womöglich in genau diesem Augenblick eine weitere Chance entgeht, spüre ich das in der Speiseröhre brennende Gemisch aus Magensäure und Galle in mir hochkochen und kotze ihr die rot-gelbe, nach Alkohol, Galle und Blut stinkende Flüssigkeit auf die Füße.
Ich murmele etwas wie "Wer is eigentlich Ben?", und stolpere in die schützende Dunkelheit, in die im Feuerschein tanzenden Schatten des Waldes davon.
Toll. Also voraussichtlich wieder ein Abend der damit endet, dass ich neben einer bedeutungslosen Schlampe nach einer bedeutungslosen Nummer einschlafe. Vielleicht wache ich auch morgen nicht zusammengekauert in den nach Schweiß stinkenden Armen einer bedeutungslosen Schicksalsgefährtin auf, sondern in den nach Kotze stinkenden Überresten einer fast völlig bedeutungslosen Nacht. Aber ganz bestimmt heißt der Song in meinem Kopf wieder "Face Down" ...

Donnerstag, 27. Januar 2011

Fear and Loathing wo auch immer.

Der verfluchte Noise von Wolf klebte mir am Trommelfell, als ich die Augen wieder öffnete und in diese total angebreitete Runde schaute. Irgend ein Gerede von einem Konzert in einer Kirche war an mir vorbeigerauscht. Nun war es schon später Nachmittag aber noch recht früher Abend, soweit ich das ohne Uhr und mit heruntergelassenen Jalousie beurteilen konnte. Ich drehte mich weg, um nicht Wolf beim Breitsein zusehn zu müssen. Der Rest hier interessierte mich eigentlich echt wenig, doch wenn der große Bruder angebreitet vor einem liegt, dann weiß man, dass Drogen keine Lösung sind. Klar ist es nur Gras. Aber jeder einzelne sollte sich Gedanken über die Langzeitwirkung machen. Es ist einfach nur schlecht.

Ich bekam einen spontanen Lachanfall und baute eine kleine, weiße Straße auf Tripps Flyer. Amphetamine sind die beste Gegenlösung wenn man keinen Bock hat zu kiffen. Man ist fit während der Rest im Hotelzimmer verteilt chillt. Man hat ein wenig mehr vom Abend. Eigentlich nehm ich den Kram ja sogut wie nie, aber man kann auf dem Zeugs einfach ficken bis der Dame die Löcher bluten. Ich atmete ruckartig durch meine Nase ein und spürte kurze Zeit später den Geschmack von gelutschten Paracetamol meinen Gaumen hinunterlaufen.

Anziehn. Umziehn. Die Horde erstmal liegen lassen. Was machen. "Ich bin ma umziehn.", sag ich. "Hm." sagen die. Ins Zimmer. Schrank auf. Anzug raus. Zwei daumenbreite Ascheflecke auf den Ärmeln. Was war gestern? Anfangs Geyzee..r. Nette Disse. Bier zum Kotzen. Benni hatte auf der Toilette zwei Homosexuelle verprügelt, die ihn auf einen Dreier einluden. Danach sind wir alle rausgeflogen. Wusste ja keiner, dasses ne Schwulendisse ist. Danach einfach auf gut Glück ins Karlovy Lazne oder so. Auf dem Mainfloor kam ordentliches Geschrubbe. Wolf hatte ne Alte angegraben und das mit Erfolg. Als ich an sie dachte, ertönte aus dem Nebenzimmer das Kaffeemaschinengeräusch unserer angeschlagenen Acrylbong. Anzug an. Nase putzen. Sex on the Beach exen. Ich lehnte mich aus dem Fenster und begutachtete die verblüffend symmetrische Kotze Wolf's. "Welcher Tag isn heute?", hörte ich mich noch selbst schreien, doch die Antwort blieb wohl aus. Meine Jackentasche gab noch eine zerknitterte No-Name-Zigarette an mich ab und ich lehnte mich aus dem Fenster und schaute mir den Prage Nachthimmel an. Es war wie eine Mischung aus Fear and Loathing in Las Vegas und Reservoir Dogs. Keiner von uns wusste, wann es wieder nach Hause ging. Wir waren einfach erst einmal da. Bis Geld alle oder Freunde tot. Ich stellte mir einen Stuhl vor das Fenster, kniete mich darauf und versuchte also Wolf's Kotze mit meiner Pisse zu umrahmen. Ganz schön schwer bei dem Abstand.

Dienstag, 25. Januar 2011

Nicht wirklich Hangover

Dieser Urlaub war die perfekte Ablösung, oder vielleicht auch die perfekte Notlösung. Auf jeden Fall schien er gut zu tun; zwar nicht meinem Körper, definitiv jedoch meiner Seele. Ich starrte hinunter. Geschätzte sieben Meter lagen zwischen mir im zweiten Stock und diesem Rohrschachgemälde aus Galle, Bier, Vodka-O, Whiskey-Coke und Pizzabrocken in dem frisch gefallenen Schnee auf dem Hotelparkplatz. Nichts, aber auch rein gar nichts hielt mich davon ab es wirklich schön zu finden. Nicht einmal das Kratzen im Hals, das meinem Verstand mitzuteilen versuchte, dieses Erbrochene sei von mir gekommen.
Woher auch sonst?!
Ich schaute weiter auf diesen Fleck, nein, dieses Kunstwerk, Ergebnis tagelanger, hemmungsloser, absurder Sauferei. Gedanken überschlagen sich. Warum war ich nochmal hier? Achja. Ich wollte Abstand gewinnen. Daheim war ich Dealer. Ja „war“. Ich wollte nicht mehr. Diese Art von Arbeit lag mir einfach nicht. Sie war viel zu stressig. Dauernd hatte man mit irgendwelchen Freaks und Idioten zu tun. Und die einzigen Frauen die man bekam ließen sich in zwei Kategorien einteilen. Teure Schlampen und billige Schlampen. Der einzige unterschied zwischen beidem lag eigentlich lediglich in den Drogen, die sie dir abnahmen, ansonsten boten sie den selben scheiß und die selben Infektionskrankheiten.
Ja, um davon Abstand zu gewinnen, deswegen bin ich hier, starre auf meine Kotze und frage mich zum Teil auch noch, was letzte Nacht war. Ich erinnere mich an genau zwei Dinge: Einen Blowjob auf der Damentoilette irgendeiner Prager Discothek und die Bodenfliesen derselben Prager Discothek nachdem ich eine aufs Maul bekommen habe. Den Schmerz hatte ich nicht einmal gespürt. Lediglich als ich dann nun aus dem Hotelfenster auf die Kotze starrte, die ich zwanzig, vielleicht auch dreißig Minuten zuvor kunstvoll dort platziert hatte, wo sie dann lag, spürte ich leichte Schmerzen an meinen Schläfen. Naja. Ist ja auch relativ egal. Wenn die alte nicht geil gewesen wäre, hätte ich mich wahrscheinlich darüber geärgert. Ich lachte leise, richtete mich endlich auf und schloß mich wieder der kleinen Partygesellschaft an, welche dabei war aus einem vormals sauberen Zimmer eine Sondermüllzone zu machen. Benutzen sie Magie? Nein. Lediglich ihren Vollsuff.
Soma drückte mir, die Worte „Weiter geht's!“ murmelnd, eine Kippe und einen Cocktail in die Hand. Ich trank, rauchte und setzte mich.
Prag war für uns Europäer wohl so etwas wie Vegas für die Amis, schoß es mir durch den Kopf, welchen ich aber so gleich schüttelte um dann Frank zu fragen: „Sag mal hast du noch Gras?“
Er grinste. „Soma gib mal meine Tasche rüber.“
Vor mir wurde ein Rucksack durchgereicht und Frank holte einen gigantischen Beutel daraus hervor. Das müßten geschätzt etwa 200 Gramm Marihuana gewesen sein. Ich hatte ehrlich keine Ahnung. Er schob seine Hand hinein und nahm eine große Blüte hinaus, legte sie auf meinen Bauch.
„Aber nicht alles auf einmal Rauchen, mein Junge!“ sagte er in gespielt mütterlichem Ton.
Okay! Prag war doch so etwas wie Vegas.
Ich stopfte die Blüte in eine leere Kippenschachtel, steckte diese in meine Bauchtasche; jedoch nicht ohne vorher etwas für einen Joint abzubrechen. Dann fiel mir ein, vielleicht doch erst Mal das Bad aufzusuchen. Also stand ich auf und ging dorthin. Am Waschbecken spritzte ich mir zunächst einen Schwall kalten Wassers ins Gesicht und spülte dann meinen Mund aus, bevor ich anschließend meine Zähne putzte. Und zurück.
Ich setzte mich wieder neben Frank auf die Couch und begann einen Joint zu bauen. Sah sogar recht gut aus. Schmeckte auch so. Wirkte auch so. Ich grinste Soma, der mir gegenüber saß, an und reichte ihm das Teil.
„Wie geht’s eig' deinem Kopf?“ fragte er.
„Tut ein wenig weh. Sieht man was?“ antwortete ich.
„Hmn, Nö.“ Er zog und lächelte. „Deine Tüten werden wohl auch besser, je besoffener du bist.“
Ich grinste und nahm den Joint entgegen, reichte ihn jedoch gleich an Frank weiter.
„Was geht heute Abend?“ sagte ein Mädchen mit tschechischem Akzent, während sie an der Tüte zog.
Ich schaute sie an und ihre Frage ignorierend sagte ich: „Sag mal, hab ich nicht wegen dir aufs Maul bekommen?“
„Und überlebt.“
„Danke.
Aber warum 'und überlebt'?“ Ich blickte sie fragend an.
„Weil mein Ex dir fast eine Kugel verpaßt hätte, wenn ich ihm nicht eine gehörige Portion Temporärkastration verpaßt hätte.“
„Okay. Dann mal wirklich Danke!“ Ich lächelte und trank von meinem Cocktail.
„Wie wär's heute mal mit was Neuem? Mir soll keiner sagen, wir hätten schon die ganze Stadt gesehen.“ warf Tripp ein, der sich bis jetzt im Hintergrund gehalten hatte.
„Erklär' dich!“ rief Soma, von der Toilette. Scheiße, der Typ muß die Ohren einer Katze haben!
Tripp legte einen Flyer auf den kleinen Glastisch und wir betrachteten ihn. Soma kam dazu.
Beinahe wie ein Chor riefen wir alle aus: „Cool!“
„Wo hast du den Scheiß her?“ fragte Pete, der in diesem Moment aus seiner steinernen Wandstarrerei erwachte.
Frank erschrak und fuhr ihn an: „Du verdammter Pilzgargoyle! Erschreck mich nicht nochmal so!“
Ich nahm den Flyer in die Hand und betrachtete ihn genauer. Es ging um ein Death Metal Konzert. Allerdings war es nicht das Genre, nicht einmal die Bands, sondern die Location, welche unsere Aufmerksamkeit auf sich zog. Das ganze sollte in einer Kirche stattfinden.
Ich glaube ich brauch an dieser Stelle meine Vergleich nicht wiederholen. Nein ich superlativiere ihn. Prag war weit mehr als Vegas!
„Wer ist dafür?“ fragte Tripp, die Antwort wohl wissend.
Alle hoben stumm ihre Hände.

Mittwoch, 12. Januar 2011

Tandemluftballong

So sitz ich hier also: Vier Biere und mehrere Schnäpse in der Birne, die Kopfhörer auf den Löffeln, voll aufgedreht, und fahr mir ne Mischung aus Chiptunes, Ambient, Trip-Hop und noch ein paar anderen Underground-Genres rein. Und dabei denke ich an Zeiten, die ich nie erlebt habe, an Momente, die ich so oft geträumt habe, immer in dem Wissen, dass sie an der Grenze zur Wirklichkeit sowieso abgewiesen werden würden und an Gefühle, die so intensiv sind, dass sie mich ganz sicher töten würden wenn ich sie in dieser echten Welt fühlen würde.
Wie von selbst bewegt sich mein Kopf im Groove, meine Augen sind zu, nur ab und an folgen sie meinen Fingern, die auf den schmutzig-weißen Tasten mit den halb verwischten Buchstaben umherhuschen. Ganz weit hinten in meinem Kopf ruft mir etwas zu, ich solle doch einfach so sitzen bleiben, für immer. Ich höre zu. Und immer mehr glaube ich diesem Geist, der mir eine bessere Welt verspricht, eine Welt in der Gefühle nicht durch die Watte der Träume gehen müssen um mein Herz zu finden...

Freitag, 7. Januar 2011

Im freien Fluss

Gedanken,
Wesen einer fremden Welt,
doch vertraut
wie des Schicksals eisern Faust.
Lebend tot
und wunderbar verworren
klingt die Wahrheit
meiner Seele wie ein Trost,
wie tröstend fallend grauer Nebel
über Schwarz und Weiß
und gespaltener Eindeutigkeit.

Satt von tausend
fürstlichen Banketten,
dürstend schwach,
im Wunderland des Wahnsinns
schwebt ein kleines Licht.
Im freien Fluss der Emotionen
dies Lichtlein dort
bin ich.