Dienstag, 15. März 2011

Prag Off - Prolog

Die Geschichte beginnt, wie Geschichten nun einmal beginnen. Ich schlage meine Augen auf und atme ein. Es schein mir, als wäre es der erste Atemzug, den ich je in meinem Leben machen würde. Gerade eben jagten mich noch Schemen durch eine eisige Dunkelheit, Einsamkeit. Kein Ausweg, nur rennen. Doch nun bin ich wach und meine verschwommenen Augen blicken gen Decke. Um mich herum herrscht Stille. Keine Stille, die durch ein sporadisches Vorbeifahren eines Autos erfrischt wird. Nein, diese Stille ist so taub und drückend wie ein traumloser Schlaf. Der Tinitus, welcher sich in diesem Moment in meinem Kopf breit macht, verstärkt dieses Gefühl von Nichts. Ein plumpes, weit entferntes Erschüttern des Bodens ist zu hören. Es scheint jemand eine Treppe hinauf zu laufen. Eine Treppe, welche mir ebenso unbekannt ist, wie dieses Bett, in welchem ich gerade liege. Die Tür wird sanft geöffnet und eine in Slip und Shirt bekleidete Frau, man möchte sie nicht mehr Mädchen nennen, dafür hat sie schon viel zu weibliche Züge, bringt mir eine dampfende Tasse Kaffee, dekoriert mit einem verführerischen Lächeln und den Worten "Den brauchst du jetzt sicherlich." Ich richte mich auf und nehme ihr den heißen Tonkrug mit der Aufschrift "für meine Schatz" aus der Hand. Noch kann ich nicht so ganz verstehen, weswegen ich in ihrem Bett liege. Sie ist der Inbegriff jeglicher jemals gesehenen Schönheiten. Schwarzes, etwa schulterlanges Haar, welches sich ein wenig an den Spitzen kräuselt und huskyblaue Augen. sie trägt einen kleinen Leberfleck an der linken Oberseite ihrer Lippe und ihr Dekollete ist in den verschiedensten Farben tättowiert. Als ich weiterhin wortlos auf diese Tasse starre, fängt sie an zu kichern und schafft es dennoch zwischen diesen beschämenden Lauten ein "du hast absolut keine Ahnung wer ich bin und wie du hier her gekommen bist, oder?" einzubauen. "Das hast du erfasst.", sage ich mit einer kratzigen Stimme, die klingt, als hätte ich ein ganzes Festivalwochenende hinter mir. "Wir waren gestern zusammen auf dieser Party."
Party? "Irgendwann warst du ziemlich betrunken und jemand fragte mich, ob du nicht bei mir im Gästezimmer schlafen könntest. Allerdings warst du echt so süß, dass ich dich eher mit zu mir ins Bett genommen habe. Und ich wette gerade im Moment bereust du deine fehlenden Erinnerungen, weil du danach sagtest, dass es der beste Sex deines Lebens war." Ich schlürfe monoton den ersten Schluck dieser bitteren, braunen Koffeinsuppe und frage mich ob sie mich einfach nur auf den Arm nimmt oder ich wirklich wieder im Blackout irgendwelche Frauen vernascht habe. "Naja, ist ja auch egal. Meine Eltern kommen gleich von meiner Tante wieder und deswegen solltest du dich schnellstmöglich auf den Weg nach Haus machen." Ich exe meine Tasse Kaffee und tue wie mir geheißen. Auf der Türschwelle drehe ich mich noch einmal um und schaue mir dieses schwarzhaarige Stück himmel noch einmal an. "Wie heißt du eigentlich?", frage ich sie. "Tut das was zur Sache?", antwortet sie und gibt mir eine Zigarette und einen Kuss mit auf den Weg.

Die Sonne versucht sich mit aller Kraft vom Horizont abzustoßen, was sie nur in einer eher mäßigen Geschwindigkeit schafft und in der ganzen Stadt ist kein Anzeichen von einem Erwachen zu sehen. Selbst der Bäcker hat noch geschlossen. Meine Füße ziehen mich in Richtung Busbahnhof und meine Augen kleben an Plakatwänden, Graffitis und Schaufensterwerbung. Wenn der Tag gerade erst begonnen hat, dann hat jeder Anblick, ganz egal welcher, eine ganz besondere Mystik, finde ich. Ich setze mich auf eine Parkbank inmitten der Stadt und zünde mir die Zigarette dieser Namenlosen an. Dann überprüfe ich meine Taschen. Mein Geldbeutel, meine eigenen Kippen und mein Zippo sind noch da, jedoch ist mein Handy irgendwo seit gestern 20:00 Uhr und heute früh um fünf auf Wanderschaft gegangen. Ich stütze meine Kopf auf meine Hände, reibe mir mit den kleinen Fingern die Augen und massiere mit der restlichen Hand meinen Kopf. Es ist noch so, als hätte mir jemand Klettverschlüsse an die Augenlider montiert denn jedes Mal, wenn ich sie schließe, weigern sie sich, sich wieder zu öffnen. Meine Haare sehen sicherlich total zerwüstet aus und deswegen erhebe ich mich nur wegen dem Gedanken mir die Haare zu kämmen von der Parkbank und laufe weiter nach Haus. Was für eine dreckige Stadt.

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