Montag, 13. Dezember 2010

Nightliner Track 1: --

Die Nacht war kühl, etwas zu kühl für Mitte Juni, doch der Prof. sprach mir nette Worte zu und so band ich mir nur die Schuhe, bevor ich meinen Körper wieder in eine aufrechte Haltung bewegte. Ein tiefer Atemzug signalisierte meinem Gehirn, dass wir schon weit von Erfurt weg waren und uns nur die Schwärze und die klare Luft blieb. Hohes Gras drückte sich links und rechts neben dem Asphalt hervor und die Röte, welche Erfurt hinter uns in den Himmel spie, wurde durch die unberührte Pflanzenwelt dieser selten befahrenen Landstraße einfach erstickt. Das Rauschen des Mischwaldes zu unserer Linken und das Flüstern eines kleinen Bachlaufes zu unserer Rechten entspannte mich ein wenig mehr und ich fischte eine knittrige Zigarette aus dem Softpack. Der Prof. drehte sich zu mir um und ich konnte seine blasse Haut mit den tiefen Furchen im Mondlicht so gut erkennen, als ob es jemand mit einer Spiegelreflexkamera fotografiert und die Kontraste erhöht hätte. „Vegas liegt noch einige Kilometer entfernt. In ein paar Wochen müssten wir dort ankommen.“
Achja. Vegas. Der Grund, weswegen wir eigentlich hier durch die nächtlichen Wälder Thüringens wanderten. Nicht Las Vegas. Jeder weiß, dass Las Vegas in Amerika ist und da zu Fuß hin zu gehen, wäre einfach nur eine idiotische Idee. Wir müssten Jahre laufen. Und schwimmen. Nein, das Vegas, welches der Prof. meinte, war ein anderes.
Ich nickte stumm und folgte ihm weiter auf dem bröckelnden Asphalt dieser Bundesstraße. In weiter Ferne sah ich ein paar grellblaue Xenon-Scheinwerfer durch die Bäume rennen. Ich setzte meine Sonnenbrille auf und drehte mich von dem vorbeifahrenden Auto weg . Wenn man Fahrzeuge nur hört, nicht sieht, ist der Doppler-Effekt viel verblüffender.
Für einen Moment bestand noch die Lähmung doch Twist klatschte mir leicht gegen die Wange und ich kam wieder zur Besinnung. Manchmal vergas ich einfach, dass er da war. Twist war immer so ruhig. Sein Stadium sei noch sehr früh, sagte mal der Prof. zu mir, als Twist versuchte auf dieser Party ein Mädel klar zu machen doch kaum reden konnte. Irgendwann verzog er sich ins dunkle Badezimmer und hörte Musik über seinen MP3-Player. Das Bad war glücklicherweise fensterlos, sodass Twist dort entspannen konnte. „Danke, Twist.“, sagte ich zu ihm und er zog mich, wie ein kleines Kind am Ärmel und signalisierte mir, dass er weiter wollte. Vegas. ‚Ich hoffe es ist keine Illusion, die uns der Prof. da auftischt.‘, sagte ich still in diesem Moment zu mir, atmete noch einmal tief diese wunderbare Nachtluft ein und folgte den Konturen des schwarzen Ledermantels von Ed, der gerade vom Pinkeln wieder kam.

2 Kommentare:

  1. Klingt verdammt interessant. Bitte mehr davon =)

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  2. Ich schließe mich voller Begeisterung dem an, was Herr Winter schon grad sagte. Weiter so und mehr davon!
    Es grüßt /root

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