Freitag, 11. November 2011

Eldorado

Ich öffne die Augen, aber es bleibt schwarz. Ich höre das Brabbeln eines V8-Motors im Leerlauf irgendwo links von mir. Warum kann ich nichts sehen? Der erste Gedanke: "Scheiße, ich hab zu viel von dem selbstgebrannten Wodka gesoffen.". Dann der Verstand leise: "Es ist Nacht, Holzkopf." Okay, es ist also finsterste Nacht, ohne Sonne, Mond und Sterne und ich liege auf etwas, das sich wie eine Isomatte auf einer alten Matratze anfühlt. Nicht weit weg steht ein Auto mit laufendem Motor. Der Luft nach zu urteilen bin ich nicht in einem geschlossenen Raum. Außerdem fühlt sich der Boden unter der Matratze kalt und feucht an, wie Asphalt oder rauher Beton sich nachts eben anfühlt. Ich richte mich langsam auf und krieche auf allen Vieren herum, bis sich das unsaubere Grummeln des Motors direkt neben mir befindet. Taste nach dem Auto. Meine Finger berühren kaltes Metall, eine Kante, dann, knapp darunter einen Reifen. Kalt. Also steht das Auto wohl schon länger hier. Warum ist der Motor an? Ich krabbele weiter, die linke Hand auf dem Boden vor mir, die rechte am Kotflügel entlangstreifend, auf der Suche nach einem Türspalt. Da ist der Spalt, einen halben Meter weiter auch der Griff. Ist aber abgeschlossen. Ich wage es aufzustehen und tapse mit vorsichtigen Schritten um das riesige Fahrzeug herum. Es ist wohl ein amerikanisches Coupé aus den Fünzigern oder Sechzigern, jedenfalls den ausladenden Karosserieelementen nach zu urteilen. Senkrechte Flossen über den hinteren Kotflügeln, projektilförmige, spitz zulaufende Rückleuchten. Ziemlich sicher ein Cadillac Eldorado. Aus der ersten Generation. Da ist die andere Tür. Nicht verschlossen. Ich öffne sie und die Innenraumbeleuchtung brennt mir Löcher in die Netzhäute. Mit tränenden Augen blinzle ich ins Fahrzeuginnere, drehe mich sofort wieder um und kotze auf meinen Schatten. Nachdem sich mein Magen wieder etwas beruhigt hat und mein Kopf sich mit der Szenerie abgefunden hat, zerre ich den mehr oder weniger kopflosen Typ von Fahrersitz und löse seine Finger von der vollkommen mit Blut und Gehirnfetzen versifften Schrotflinte, bevor ich anfange, ihn und meinen neuen Wagen nach weiteren nützlichen Gegenständen zu durchsuchen...

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