Freitag, 26. März 2010

Kataton

Ich sitze in einem Raum auf einem Sessel. Ich kenne den Raum bis ins letzte Detail, weil er seit vielen Jahren meine Zuflucht ist; der Ort, den außer mir nur wenige betreten dürfen. Ich wohne in ihm, aber er ist viel mehr als nur ein Raum, der mich vor dem Wetter beschützen soll, in ihm schwebt so viel Energie. In diesem Raum lernte ich zu lieben und zu hassen, zu lachen und zu weinen. Ich lernte hier so vieles, noch bevor meine Erinnerung und mein Bewusstsein einsetzten, aber obwohl ich mich nicht erinnern kann weiß ich, dass dieser Ort mich geprägt hat und dass ich mit ihm verbunden bin, egal wohin ich gehe.
Jetzt sitze ich auf meinem Sessel und tausende Gedankenfetzen schießen mir durch den Kopf, von denen ich nur hin und wieder einen greifen kann. Ich habe Angst, soviel ist mir klar. Eine unglaublich starke Angst, die Angst vor dem was mit mir passieren wird. Ich kann mich nicht bewegen, sosehr ich auch meinen Willen darauf konzentriere, auch nur meinen kleinen Finger kurz zucken zu lassen. Es fühlt sich an, als ob in meinem Hinterkopf eine Wand steht, die jeden Reiz der mein Gehirn verlassen will sofort löscht. Ich sitze inzwischen seit Stunden oder auch Tagen hier, bewegungslos, nicht einmal meine Augen kann ich bewegen, einzig mein Herz schlägt, meine Lunge atmet und meine Augenlider zwinkern ab und an. Aber all das geschieht, ohne dass ich Einfluss darauf nehmen kann.
Das schlimmste ist, dass ich genau weiß was mit mir passiert ist, warum ich hier sitze und nicht aufstehen kann und warum ich vermutlich hier sterben werde. Zuviel Schmerz, zuviele Drogen, zu viel vom Leben. Aber meinen Tod, sosehr ich ihn mir manchmal herbeigesehnt habe, hätte ich mir anders gewünscht. Laut und aufsehenerregend, nicht leise und jämmerlich, unfähig etwas dagegen zu unternehmen. Ich soll hier einfach sterben wie ein altes Tier, das sich irgendwo verkriecht um beim Sterben nicht gestört zu werden…
Langsam kommt mir alles immer mehr wie ein Traum vor, die Wirklichkeit wird unwirklicher, wie kurz vor dem Einschlafen. Einige Male reißt mich dieser Gedanke zurück. Ich will nicht einschlafen, ich will wachbleiben und der Welt zeigen dass ich ihr überlegen bin. Schließlich fallen mir endgültig die Augen zu und der Raum, der Sessel auf dem ich sitze und die Erinnerungen um mich herum übergeben mich an den nächsten Fährmann auf meinem Weg…

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