Mittwoch, 5. Mai 2010

A.D.:X - You make me sick

"Ein schönes Messer hast du.", bemerkt der Typ vor mir mit einer kleinen Handbewegung in Richtung meines Gürtels. "Deutsches Militärkampfmesser.", antworte ich kurz angebunden, ich habe eigentlich keine Lust, mich mit diesem angetrunkenen, leicht dämlich anmutenden Muskelpaket zu unterhalten, aber noch weniger Lust habe ich, es mir mit ihm zu verscherzen, zumal ich wohl seit wesentlich kürzerer Zeit hier bin als er und mir deshalb schlicht nicht erlauben kann, es mir mit einem dieser Hohlbrote hier zu verscheißen. Ein total zugedröhnter Typ (oder doch eine Frau?) stolpert zwischen uns hindurch, natürlich nicht ohne über die Spitze meines linken Stiefels zu stolpern und sich beinahe längs in den Matsch zu legen. Bei dieser Aktion fällt ihm/ihr ein Messer aus der am Gürtel befestigten Ledertasche. Ein schönes Messer. Ich hebe es auf, wische die Klinge am Hosenbein ab und halte sie ins Licht der knallrot am Horizont hängenden Sonne. Ich pfeife dem kaputten Etwas, das sich soeben an einem abgestorbenen und vermoderten Baum festzuhalten versucht hinterher. Wider Erwarten reagiert es sogar auf den Pfiff, richtet seine trüben Augen auf mich und kommt zurückgestolpert. Ich hole meinen Schleifstein aus der Tasche, ziehe die Klinge zweimal darüber und halte dem Wesen, das wohl ein Kerl ist, den Griff seines Messers hin...

Matsch, tote Äste und hin und wieder einige Knochen irgendwelcher Tiere geben unter den Sohlen meiner Stiefel Geräusche von sich, die manch anderer mithilfe einiger unkonservativ eingesetzter Effekte und des Einflusses der richtigen Substanzen zu einem akustischen Kunstwerk verarbeitet hätte. Langsam schlendere ich am Rand eines abgestorbenen Waldes entlang, halbherzig auf der Suche nach einem Schlafplatz. Ich setze mich hin und lehne mich an einen halb in den schlammigen Boden eingesunkenen Baumstamm. Beinahe von selbst zaubern meine Finger die Heckler & Koch aus dem Holster unter dem Mantel hervor und beginnen sie zu inspizieren und oberflächlich zu reinigen. Aus einigen hundert Metern Entfernung klingt noch immer die sogenannte Musik der Junkie-Party zu mir hinüber. Der Stil ist elektronischer, geradliniger, hypnotischer geworden. Ich will mir nicht wirklich vorstellen, was für abartige Praktiken sexueller oder spiritueller Natur dort inzwischen vollzogen werden, aber mir geht das Bild einer von drei Eseln und sieben Hunden vergewaltigten, danach aufgeschlitzten und kopfüber aufgehängten Hure nicht aus dem Kopf. Krankerweise ist ebendiese Hure, kopfüber inmitten von führungs- und ziellosen humanoiden Kampftieren hängend, in meiner Fantasie noch am Leben und schreit pausen- und ebenso chancenlos gegen die martialische Musik des "Sick Apple" an. Die Pistole in meiner Hand erhebt sich aus ihrem Schlaf, wird geweckt, auf ein Ziel gerichtet. Ich spüre den kalten Stahl an meiner Schläfe, dann ein immer stärker werdendes Ziehen im rechten Zeigefinger. Vor der halb zerfallenen Skyline zieht eine Leuchtrakete ihre Bahn über den inzwischen schwarzen Himmel, gefolgt von einigen grellbunt explodierenden Feuerwerksraketen, deren in den Himmel gebrannter Funkenregen sich auch in meine Netzhaut zu brennen scheint. Ein ganz sanfter Stoß an der rechten Schläfe, das Knallen der vor Sekunden explodierten Leuchtkörper und das leise, fast in ihrem Lärm versinkende Klicken einer ungeladen abgefeuerten Handfeuerwaffe...

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