Mittwoch, 5. Mai 2010

Du weißt, wo du mich findest.

Das Dunkel der Nacht hatte uns schon fast verschluckt, als die nächste Laterne am Rande eines weiteren dieser unzähligen Dörfer matt aufleuchtete.
Wir hörten gechillten Indierock, wie er genau zu solchen Situationen passt.
Ich saß auf dem Beifahrersitz, durch das Baden im Stausee vor zwei Stunden waren meine Festivalbändchen am rechten Arm noch immer feucht und mein Handgelenk schien vereist zu sein. Mit jedem Zug, den ich der Zigarette entnahm und mit jeder Wolke, die ich durch das Fenster in die vorbeirauschenden Wälder bließ, schlug mein Herz ein wenig langsamer.
Gefühle, die nur mit der Vorstellung des komatösen Zustands zu vergleichen waren, strömten durch meine Brust, meine Beine, meinen Kopf. Wie taub umschlossen meine Lippen den immernoch trockenen Filter. Es schien, als würde mein Körper aus lauter Geiz seinen Speichel für sich behalten wollen. Zwischen meinem Schoß klemmte eine Dose Bier, zerknickt durch die Fliehkraft der Kurvenfahrten.
Der Fahrer schaute wortlos auf die Straße. Aufmerksam. Nichts in der Welt schien ihn vom Geschehen diesseits des Asphalts ablenken zu können.
Ich legte meinen Kopf in den Nacken und spürte die Adrenalinstöße, die mir das sich fortbewegende Auto gab.
"Wenn das Meer für uns zu weit ist", höre ich den Fahrer in meinen Erinnerungen sagen: "dann sollten wir aufhören uns der Illusion hinzugeben es noch einmal zu sehen. Wir sind nicht bei knocking on heavens door. Wir sind im Leben. Und es ist grausam."
Wie ein Ohrwurm strömte mir dieser Monolog durch den Kopf.
Ich schnippte meine Zigarette aus dem Fenster, leerte das Bier und schaute auf den Tacho. 200. Als ich die Walther PPK, 7,65mm mit zwei Patronen aus meiner Jackentasche ziehe, wird mir dies mit zuckenden Mundwinkeln des Fahrers gedankt. Ein Anflug eines Lächelns. Das einzige seit 2 Jahren. Wir hielten in einer Nebenstraße inmitten eines kleinen Dorfes, machten die Musik aus, stellten den Motor ab und hielten für einen Moment inne.
"Das Schicksal konnte mich nie leiden.", begann der Fahrer. "Doch heute bin ich das Schicksal. Und ich kann dich nicht leiden.", setzte ich fort. Wir schauten uns an und ich legte die Mündung an meine rechte Schläfe. "Ich will das Meer sehen.", hörte ich ihn sagen. Und dann hörte ich lange Zeit nichts mehr.

1 Kommentar:

  1. wortlos sage ich nichts und weiß irgendwie, wie du fühlst.
    /root

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