Freitag, 28. Mai 2010

Allein (Perspektive I)

Auf der Fensterbank reihen sich braune Glasflaschen aneinander, etwa 40 Stück, die halbdurchsichtigen, nach Bier stinkenden Reste der letzten sieben oder acht Tage, die ich alleine in diesem Zimmer verbracht habe. Auf dem Boden einige Pizzakartons, Druchmesser jeweils 40 Zentimeter. Ich habe Magenschmerzen, mein Kopf fühlt sich an wie ein prall aufgeblasener Ballon, kurz vorm Platzen, der Rest meines Körpers scheint sich in eine Art Fleischbrei verwandelt zu haben, zusammengehalten von einigen Knochen und Sehnen, sowie von dem Rest meines Überlebenstriebes, einem kleinen Funken, vielmehr einem Splitter in meinem Kopf, der das spärliche Licht der dunkelgelb durchs Fenster hereinleuchtenden Straßenlaterne bündelt und einen winzigen, schmerzhaft brennenden Spalt in das Dunkel in mir hineinschneidet. Im Halbdunkel des kleinen Zimmers blickt mich ein rotglühendes Auge aus der Richtung der Tischkante an, ich strecke den von tiefen, teilweise noch leicht blutenden Schnittwunden bedeckten Arm aus, breche den Fluch und atme den ungefilterten, beißenden, blaugrauen Rauch ein, sauge ihn in mich auf, wie den Schmerz, wegen dem ich hier so jämmerlich vor mich hinvegetiere und kahle, von Fernsehschnneegestöber und hässlichgelben Laternen in organisch wirkende, dunkel schimmernde Lichtflächen verwandelte Tapeten und das sich im Zustand des ganzen Raumes widerspiegelnde Flackern meines Verstandes gebannt beobachte.

1 Kommentar:

  1. Eine Situation, die mir mehr als nu vertraut ist. Du hast sie auch wunderbar in Worte gebannt.
    Ich kann den Text förmich fühlen und muß sagen, daß er vom Inhalt her genauso gut von mir hätte kommen können.
    Danke für dieses kleine aber feine Stück Literaturgut.

    Beste Grüße,
    Herr /root

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