Dienstag, 18. Mai 2010

Schwarz III

Ein wirklich abscheulicher Pfeifton ist das. Aber er mußte ja irgendwie geweckt werden. Er öffnete die Augen und schaute an die karge Metallplatte, etwa dreißig Zentimeter über seinem Gesicht. Das kleine Buch lag auf seiner Brust - er muß wohl beim lesen eingeschlafen sein. Kurz überflog er die aufgeschlagenen Seiten, legte einen Zettel dazwischen und setzte sich an die Kante seiner Koje, er erlaubte sich einen kleinen Blick nach rechts, wo das Bild von ihm und seinem kleinen Bruder hin.
"Bye Bye, Sonny." murmelte er und stand auf. Auf dem kleinen Tischchen legte er das Buch ab und griff statt dessen zu der Schachtel Gauloise Blondes, die dort lag, und zündete sich eine an. Er inhalierte den ersten Zug tief und schlüpfte dann in den Overall.
"Amber?"
"Ja Captain." erklang eine wohltönende Frauenstimme aus einer Box in der nähe.
"Wie lange habe ich geschlafen?"
"Genau fünf Stunden, dreiundvierzig Minuten und ... "
"Das reicht, Amber. Mach mir eine Kaffee und etwas eßbares bitte."
Dieses Elektronenhirn war schon eine feine Sache und machte die Einsamkeit etwas erträglicher. Er ging in den Speiseraum und räumte als erstes das Geschirr der letzten Tage in den Abfallvernichter. Er schloß sein Infopad am Tischrand an und lud die neuesten Raumschiffnachrichten darauf, um sie beim Frühstück zu lesen. Sein Frühstück konnte er sich an einem Nahrungsverteiler schön serviert auf einem Tablett abholen.
Hier in den Mannschaftsbereichen gab es wenigstens künstliche Schwerkraft, was ihm das ganze etwas erleichterte.
Während er den Kaffee trank studierte er die Dokumente, die er so eben auf sein Pad geladen hatte. Nichts besonderes war passiert. Sie sind durch einen kleineren Meteoritenschauer in der nähe des Pluto geflogen und waren nun drauf und dran das System Sol zu verlassen. Auf zum Orion. Vorfreude fühlte sich tatsächlich anders an. Sie wußten ja nicht einmal, was sie dort erwartete.
Als er fertig gegessen hatte, fischte er eine weitere Zigarette aus der Abgegriffenen Schachtel. Bald würden sie beginnen auf Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen, dachte er; das würde eine harte Zeit werden, bestehend aus Kopfschmerzen und anderem Übel.
Er lehnte sich zurück und genoß den Rauch, beobachtete wie er sich kräuselte und seine Farbe von grau nach blau und wieder hin zu grau änderte, während er durch den Lichtschein der Neonröhren waberte.
Er drückte den Stummel auf dem Tablett aus und ließ es stehen. er mußte jetzt in die Kommandokapsel und sich wieder der beschissenen Schwerelosigkeit hingeben um nichts weiter zu tun, als Bildschirme zu beobachten und Standardnachrichten an die Erde abzusetzen.

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