Sonntag, 9. Mai 2010

Sleep.Mode II - Der Blick vom Wasserturm

Schlaf. Schlaf wäre förderlich. Seit mich vor 5 Minuten ein Donnerschlag aus meinem sowieso schon unruhigen, traumlosen Schlaf riss, habe ich das wieder einpennen komplett aufgegeben. Außer dem Regen und dem gelegentlichen Donner hört man nichts. Meine Taschenuhr zeigt 13:25. Es ist in den letzten Tagen ruhiger dort draußen geworden. Vor etwa vier Tagen war noch die Hölle los. Schreie wurden nur von Schreien übertönt. Ab und an wurde etwas zerschmissen oder explodierte. Der Neubaublock gegenüber stand, als ich vorgestern aus dem Fenster sah, immer noch in Flammen. Vor etwa einer Woche war ich selbst noch aktiv dabei, unten auf der Straße mitzumischen, doch als die Leute immer wahnsinniger wurden, flüchtete ich in dieses leerstehende Fachwerkhaus inmitten Berlins.
Ich werfe einen Blick durch die, mit Steppdecken abgedunkelten Fenster und sehe nur noch einen grauen, fensterlosen Haufen. Über jedem dieser einst beglasten Löcher schlängelt sich festgebrannte Schwärze nach oben. Niemand schreit. Ich gehe zurück zu meinem Schlafsack, öffne ihn und lege ihn mir um die Schultern. Nichts wäre mir gerade lieber, als eine Umarmung von irgendeiner Person, die ich kenne und die noch nicht "durchgedreht" ist. Im Schneidersitz, mit meinem Schlafsack um, greife ich nach vorn und öffne mir die vorletzte Dose Erbsensuppe. Ich muss sie kalt essen, denn die ganzen Küchengeräte sind ein Stockwerk unter mir. Und dort sind alle wahnsinnig. Der Regen schlägt nun mit einer Kraft gegen das Dachfenster, die mich in die hinterste Ecke zurückziehen lässt. Ich fühle mich wie ein Hundewelpe, der keine Ahnung von der Welt hat und sich winselnd in eine Höhle verkriecht.
Nach einer etwa fünf minütigen Inspektion des Dachbodens fällt mir eine Heckler & Koch P7 in die Hände. Besser als meine Brechstange. Falls einer dieser Wahnsinnigen zu mir hoch kommen sollte, puste ich ihm das Blei in seinen Arsch. Lange kann ich in meinem Versteck sowieso nicht mehr bleiben, ich hatte bisher nur Dosenfutter und Apfelsaft. Erstens wird mir die Diät langsam langweilig und zweitens Geht mir Dosenfutter aus und die letzte Packung Apfelsaft ist angebrochen. Ich öffne die Luke, lasse vorsichtig die Leiter herunter und steige ab. Die Küche ist leer, also schleiche ich mich zum Kühlschrank und finde dort ein Paket eingeschweißten Schinken. In dem Regal neben der Tür befindet sich eine Flasche Wodka, zwei Dosen Bier und eine Flasche Mineralwasser. Besser als nichts. Nachdem ich den ganzen Kühlschrank und das Getränkeregal ausgeräumt habe, verziehe ich mich wieder nach oben auf den Dachboden. Morgen gehe ich wieder nach draußen.

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