Donnerstag, 20. Mai 2010

Sleep.Mode VIII - Zwischenstopp im luxuriösen Mint-Hotel

Entweder habe ich mir etwas am Schwanz geholt, oder ich habe Samenüberdruck oder so etwas. Es tut gut, endlich wieder eine normale Toilette benutzen zu können. Im Asia-Imbiss lagen nur die Leichenteile zweier Vietnamesen. Diese Verrückten sind wie Katzen. Kopf und Galle lassen sie übrig, den Rest fressen sie. Als ich mich versichert habe, dass die Bude leer ist, ging ich zum ersten mal nach Wochen wieder auf ein übliches WC. Während meines zweiwöchigen Dachbodenexils konnte ich einfach nichts anderes tun, als in Plastiktüten zu scheißen und sie danach aus dem Fenster zu schmeißen. Gepinkelt habe ich ebenfalls aus dem Fenster. Nur tagsüber. Wenn ich in der Nacht musste, musste ich die volle Tüte aufbewahren, sonst hätten sie meine Anwesenheit mitbekommen. Die Spülung funktioniert, ist aber verflucht laut. Zurück im immernoch laufenden Corsa packe ich die Bücher und Hefte zurück in den Rucksack und lege ihn neben meine Tasche. Zoe. Solltest du noch leben, werde ich dich finden. Die Adresse ist laut Stadtplan nur fünf Kilometer von meinem jetzigen Standort entfernt. Während ich mich weiter durch die stehenden Autos bewege, male ich mir aus, wie Zoe eigentlich aussieht. Sicherlich ist sie eine etwa 1,70 große, 18 Jährige Gymnasiastin, mit lockigen, blonden Haaren. Vielleicht steht sie auch so auf Metal wie ich und läuft stetig in schwarzen Klamotten herum. Ich werde nicht in ihren Tagebüchern lesen. Ich will nicht wissen, ob sie vergeben ist oder was sie eigentlich für Zukunftspläne hat. Ich denke, das würde mich nur noch weiter deprimieren. Zoe, bitte sei noch am Leben. Ich sehe eine alte Schule und stelle fest, dass es bald dunkel sein wird. Es wäre besser irgendwo noch eine Runde zu schlafen, bevor ich weiter fahre. Ich parke die Karre vor der Schule und gehe hinein. Die Feuerschutztüren sind abschließbar, wenn man nur den Schlüssel finden würde. Ich gehe quer durch das Gebäude und es ist so verlassen, als wären Ferien. Es ist gar nicht so lang her, da ging ich selbst noch in die Schule. Fachabi in Wirtschaft und Verwaltung. Mit 20 Jahren aus der Schule raus und ein Jahr Arbeit in einem dieser kalten, grauen Bürogebäude der Deutschen Bank. Der Dachboden einer Schule ist immer recht leicht zu finden und man kommt auch ganz gut hoch. Die Feuerschutzleiter lässt sich auf den Dachboden hinaufziehen und ich weiß, dass ich diese Nacht hier sicher bin. Statt in ihrem Tagebuch zu lesen, nehme ich mir Den Fänger im Roggen und betitele es von jetzt an als meine Bettlektüre.

„Falls Sie wirklich eine Geschichte hören wollen, so möchten Sie wahrscheinlich vor allem wissen, wo ich geboren wurde und wie ich meine verflixte Kindheit verbrachte und was meine Eltern taten, bevor sie mit mir beschäftigt waren und was es sonst noch an David-Copperfield-Zeug zu erzählen gäbe, aber ich habe keine Lust, das alles zu erzählen...“

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